Der Brite Dr. Brett Duane, Professor für öffentliche Gesundheit und Zahnmedizin, veröffentlichte 2019 in einer Forschungsarbeit erste Erkenntnisse zum CO₂-Abdruck in Zahnarztpraxen. Alleine 19 % der Emissionen seien auf die Produktion und Lieferung von Verbrauchsgütern zurückzuführen. Der Einkauf stellt dabei die erste Schnittstelle zwischen der Praxis und der Umwelt dar und bildet damit eine entscheidende Brücke auf dem Weg zu einer nachhaltigen Zahnarztpraxis.¹
Aber welche Produkte eignen sich?
Um dir die Produktsuche im stressigen Praxisalltag zu erleichtern, hat die bekannte Nachhaltigkeitsexpertin und Dentalhygienikerin Birgit Schlee eine Liste mit Produktempfehlungen für einen nachhaltigen Einkauf erstellt.
Ihre Produktempfehlungen umfassen folgende Praxisbereiche:
4. Behandlung |
5. Exkurs: Warum Nachhaltigkeit? 5.1 Nachhaltigkeit in der Zahnarztpraxis 5.2 Nachhaltige Materialien & Produkte
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Los geht's!
Je mehr Papier in deiner Praxis gespart werden kann, desto besser. Benötigst du aber beispielsweise Notizblöcke, Terminzettel, Kopierpapier, Briefpapier und Briefumschläge oder Postkarten, kannst du auf umweltfreundlichere Alternativen umsteigen:
Ob Hygiene- oder Büropapier; es empfiehlt sich, auf 100 % recyceltes Papier zurückgreifen sowie auf das Siegel „Blauer Engel“ zu achten.
Blauer Engel Siegel, Publicgarden GmbH
Wawibox-TippÜberlege, welche Bereiche an der Rezeption digitalisiert werden können – beispielsweise:
- Rechnungsversand per E-Mail
- Digitale Anamnese
- Digitaler Recall-Service per E-Mail oder SMS
- Factoring - z. B. mit bfs
- Terminmanagement
Um Kindern den Arztbesuch zu versüßen, haben sich Spielzeug oder Belohnungskisten bewährt.
Bei Wawibox wirst du fündig!
Nicht nur Holz ist eine nachhaltige Alternative. Genauso wiederverwendbar sind Fingerpuppen aus Stoff, Glasmurmeln (Achtung im Wartezimmer: Verschluckungsgefahr!) oder vegane Knetmasse.
Toilettenpapier & Papiertücher:
Recycling-Toilettenpapier, 3 lg. | |
Recycling-Handtücher | |
Recycling-Handtücher in Box |
(Einmal-)Zahnbürsten:
Einmalzahnbürste aus Bambus, Hager & Werken | |
Zahnbürste aus Bambus, ORBIS Dental | |
Nachhaltige Zahnbürste, TePe |
Flosser:
Flosser mit Maisstärke, ORBIS Dental | |
Flosser mit Maisstärke, The Humble Co. | |
Mini-Flosser mit Zuckerrohr und Holzfasern, TePe | |
Vegane Zahnseide im Glasflakon, truemorrow | |
Vegane Zahnseide, Luro |
NCS-vegan zertifizierte Zahnpasta, truemorrow |
Edelstahlbecher:
Edelstahlbecher, MPE Medical GmbH | |
Edelstahlbecher mit Motiv, Beycodent | |
Reinigungskorb für RDG, Beycodent |
Papierbecher weiß:
Kompostierbare Becher aus Hartpapier, Beycodent | |
Kompostierbare Becher aus Hartpapier, ORBIS Dental | |
Kompostierbare Becher, Peppler GmbH |
Papierbecher mit Motiv:
Kompostierbare Becher aus Hartpapier, Beycodent | |
Kompostierbare Becher aus FSC-zertifiziertem Papier, Hager & Werken |
Wawibox-TippKennst du schon truemorrow? Das Berliner Unternehmen hat sich stilvollen UND zertifiziert nachhaltigen Produkten u. a. für die tägliche Zahnpflege verschrieben. Vegan, ohne Tierversuche, ohne Einweg- oder Mikroplastik.
Desinfektion ist in deiner Praxis unabdingbar, aber nicht zwangsläufig umweltschädlich! Folgende Produkte empfiehlt Birgit Schlee:
Desinfektion:
Biologisch abbaubare Desinfektion, Schnupperpaket, Zantomed | |
Pflanzliche Händedesinfektion, Biodesan | |
Pflanzliche Flächendesinfektion, Biodesan |
Waschmittel:
Ökologische Wäschereinigung und -desinfektion, SaniSwiss |
4. Behandlung
Wie digital bist du im Behandlungszimmer aufgestellt? Röntgen und Abformung können inzwischen digital erfolgen – das spart dir nicht nur Material, Transport, Lagerung und Entsorgung der Modelle, sondern ist auch deutlich angenehmer für deine Patient:innen!
Inzwischen gibt es auch Lasertherapien als Ersatz für antibiotische Behandlungen.
Und auch für ganz alltägliches Material stehen inzwischen umweltfreundlichere Alternativen bereit:
Bio Apply-Tips, Hager & Werken | |
Bio Speichelsauger aus Zuckerrohr, Orsing | |
Bio Einweg-Tray aus Maisstärke, Hager & Werken |
Abfallentsorgung:
Jahresabo Amalgamentsorgung, enretec GmbH | |
Jahreabo Amalgam- und Spritzenentsorgung, enretec GmbH |
Wawibox-TippBenötigst du neue Hardware, suche im Internet nach Refurbed-Geräten – diese sind gebraucht, aber dank Generalüberholung voll funktionsfähig. So sparst du etwas Geld und schonst vor allem wichtige Ressourcen.
Die Umsetzung dieser Tipps wirkt sich nicht nur positiv auf die nachhaltigen Aspekte aus. Die Rolle der Praxis übernimmt gleichzeitig eine Vorbildfunktion und bessert im gleichen Zuge das Image auf.
Durch eine erhöhte und wiederholende Nachfrage bei Produzenten wird der Druck für mehr nachhaltige Produkte steigen. Ebenso kann bei Lieferanten nach dem „Code of Conduct“ gefragt werden. In diesem sind Standards zu Arbeits- und Umweltbedingungen verankert.
Zum heutigen Zeitpunkt gestaltet es sich noch als recht aufwendig, nachhaltige Produkte auf Anhieb zu erkennen. Wir bei Wawibox sind bereits mit unseren Händler:innen im Austausch, um Nutzer:innen unseres Preisvergleichs in Zukunft eine bequemere und transparentere Lösung bieten zu können.
Der erste Schritt ist schon getan: Auf unserer Empfehlungsseite findest du weitere ausgewählte nachhaltige Produkte.
Klima, Emissionen und Fridays For Future. Begriffe, die mehr sind als Wörter in aller Munde. Trotzdem stiegen laut Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz im Jahr 2021 die Treibhausgasemissionen in Deutschland um 4,5 %. Auch die Verwirklichung des festgelegten 1,5 Grad-Ziels des Pariser Klimaabkommens scheint aussichtslos.
Der Begriff „Nachhaltigkeit“ tauchte erstmals im 18. Jahrhundert auf, als Oberberghauptmann von Carlowitz nur so viel Bäume schlagen ließ, wie sie im gleichen Zeitraum nachwachsen konnten.
Global verfolgen heute die Vereinten Nationen bis 2030 insgesamt 17 Ziele zur nachhaltigen Entwicklung. Dabei richten sich Unternehmen nach dem „3-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit“, auch „Triple Bottom Line“ genannt. Nicht nur für die Beschaffung gilt es demnach, ökologische, soziale und ökonomische Aspekte in Einklang zu bringen.
auch „Triple-Buttom-Line“ (TBL) genannt: „Planet, People, Profit“ (PPP)
Die internationale NGO „Health Care Without Harm“ (Gesundheitswesen ohne Nachteile), hat die Emissionen im Gesundheitswesen genauer unter die Lupe genommen. Ihr Bericht zum Klima-Fußabdruck zeigt, dass alleine in Deutschland jährlich 57,5 Millionen Tonnen „medizinisches“ CO₂ erzeugt werden. Das entspricht etwa 5,2 % der Gesamtemissionen.
Zum Glück können CO₂-Emissionen an vielen Stellen reduziert oder vermieden werden! Nachhaltigkeit berührt alle Bereiche mit begrenzten Ressourcen. Damit auch die Zahnarztpraxis, von Liefer- und Arbeitswegen, Mülltrennung und Energieverbrauch bis hin zur Lieferkette.
Produkttipps für den Einkauf hast du oben von Birgit Schlee erhalten – hier sind noch weitere Punkte, auf die du achten kannst:
Auf dem Weg zum nachhaltigen Einkauf ist ein vorrangiges Ziel, den Lebenszyklus der Produkte zu verlängern. Zum einen empfiehlt es sich dazu, auf Nachfüll-Packungen zurückzugreifen, wie bei Desinfektionstüchern.
Der Umstieg von Einweg- auf Mehrwegprodukten, insbesondere bei Mundspülbechern aus Klarglas oder Hartporzellan, ist ein weiterer Schritt in Richtung Nachhaltigkeit. Auch bei der Sterilisation können Instrumente, statt herkömmlich eingeschweißt zu werden, in einem Sterilgutlagercontainer aufbewahrt werden. Das Gleiche gilt für Einmalspritzen bei der Lokalanästhesie, für die in Zukunft umweltschonende Zylinderampullenspritzen eingesetzt werden können.
Die Recyclingfähigkeit wird nicht nur durch die jeweilige Verpackung bestimmt, sondern auch von der nötigen Infrastruktur (sammeln, sortieren, recyceln). Recyclebar ist vieles, wirklich recycelt nicht alles.
Eine recycelte Desinfektionsflasche beschreibt die Beschaffenheit der Verpackung hinsichtlich der recycelten, enthaltenen Anteile. Oft ist sie auch selbst recyclebar, aber nicht immer.
Kürzel wie „PP, PS, PETE” auf Verpackungen geben die Art des Materials bei der Herstellung an. Eine wiederverwendbare Verpackung ist an der Möbiusschleife zu erkennen, dem bekannten, grünen Recycling-Symbol. Es vermittelt, dass die Verpackung potenziell recycelbar ist.
Wiederverwenden und natürliche Ressourcen schonen | Canva
Der Einsatz von Einwegartikeln in Zahnarztpraxen lässt sich alleine wegen der Hygieneverordnungen nicht vollkommen vermeiden.
Plastik wie synthetischer Kautschuk oder Polyvinylchlorid (PVC), sind aufgrund ihrer schlechten Umweltbilanz eher bedenkliche Kunststoffe. Sie enthalten nicht nur umweltschädliche, oft sogar gesundheitsschädigende Weichmacher, sondern sind außerdem nicht abbaubar und ihre Verbrennung verursacht giftige Dioxine.
Ebenfalls nicht natürlich abbaubar, aber wegen des leichteren Recyclings unbedenklicher, ist der Kunststoff Polyethylen. Praxismaterialien wie Einmalhandschuhe, Absaugkanülen oder Schläuche aus Polyethylen enthalten keine riskanten Weichmacher.
Das kleinere Übel unter den Kunststoffen ist das Verpackungsmaterial Rezyklat. Darunter versteht man wiederverwendeten Kunststoff, der ausschließlich aus recyceltem Plastik (Polyethylen, Polypropylen oder Polyethylen-Terephthalat) besteht, ohne dass neues Plastik beigefügt wird. Dieses Rezyklat wurde zuvor von Haushalten oder Gewerbetreibenden entsorgt und wird in einem zweiten Lebenszyklus weiterverarbeitet. Mit diesem Schritt wird der Einsatz von Rohstoffen minimiert und gleichzeitig der Energiebedarf gesenkt. Für die Zahnarztpraxis gibt es beispielsweise bereits Verpackungen von Desinfektionsmittel aus diesem Kunststoff. Wenn Einwegprodukte aus Plastik nicht zu vermeiden sind, gelten Rezyklat oder Polyethylen als bessere Alternative.
Besser recyceln als wegwerfen, wie auch die Journalistin Anna Schunck sagt: „Alles was wir wegschmeißen, ist nicht weg, sondern nur woanders.“²
Ohne Frage spielt die Nachhaltigkeit eine große Rolle im Beschaffungsmanagement auf dem Weg zum klimaneutralen Gesundheitswesen. Durch eine intelligente Materialwirtschaft werden Prozesse bedarfsorientierter, digitaler und somit nachhaltiger. Damit werden nicht nur Ressourcen, sondern auch Zeit eingespart. Ganz nach dem Motto: keine Macht der Zettelwirtschaft.
Auch bei Lebensmitteln wie Getränken für Mitarbeiter:innen ist es möglich, umweltfreundlich einzukaufen. Neben Mehrwegflaschen aus Glas dienen auch in diesem Fall Siegel wie Fairtrade oder das EU–Biosiegel als gute Orientierung.
Nicht nur beim Einkauf von Verbrauchsmaterialien, sondern schon bei der eigenen Praxiskleidung beginnt der nachhaltige Einkauf. Es kann hilfreich sein, bei der Bekleidung auf nachhaltige Siegel zu achten. Der Ratgeber „Textil-Siegel im Greenpeace-Check“ liefert eine zuverlässige Orientierung durch die Textilsiegel-Flut.
Zu nachhaltigen und unabhängigen Siegeln mit den strengsten Auflagen im Bereich der Bekleidung zählen beispielsweise IVN Best, GOTS oder Made in Green von Oeko-Tex. Es folgen im Ranking Bluesign, das Cradle to Cradle Siegel, das EU-Ecolabel oder Der Blaue Engel. Durch regionale Anbieter und Sammelbestellungen kann der Einkauf in diesem Bereich nachhaltig abgerundet werden.
Um dem sozialen Aspekt der Nachhaltigkeit Nachdruck zu verleihen, wurde in Deutschland 2023 ein verbindliches Lieferketten-Gesetz eingeführt.
Unternehmen unterliegen damit bei Einkauf oder Produktion im Ausland der Einhaltung von Menschenrechten. Inwiefern Zahnarztpraxen und Dentallabore von dieser geplanten Einführung betroffen sind, wird in unserem kostenlosen Webinar zum nachhaltigen Beschaffungsmanagement näher beleuchtet.
Quellen:
1: Der Becher aus Pappe ist nur der Anfang (Stand: 04.04.2022)
2: Mülldeponien in Deutschland (Stand: 14.04.2022).